Historisches Schätzchen in neuem Glanz

Gelungene Sanierung am Augsburger Hunoldsgraben

Gelungene Sanierung am Augsburger Hunoldsgraben

Dort, wo Wolfram Lochbrunner mit viel Liebe zum Detail ein mittelalterliches Handwerkerhaus generalsaniert hat, wähnt man sich fast in Italien, des mediterranen Flairs wegen, das die verwinkelten Gassen der Unteren Altstadt von Augsburg ausstrahlen. Und nicht zuletzt aufgrund der vielen Kanäle, die das Viertel durchziehen. Für Wolfram Lochbrunner war der Erhalt des Gebäudes eine Herzensangelegenheit.

Mit dem historischen Bau am Hunoldsgraben 39 verbindet der Augsburger Unternehmer ein Stück Kindheit. Das Haus hatte sein Vater nämlich Anfang der 1970er Jahre gekauft und darin im Erdgeschoss eine Gaststätte geführt, in der der damalige Schulbub in den Ferien mitarbeitete und die restliche freie Zeit in der Altstadt verbrachte. So etwas schafft eine seelische Verbindung und jetzt, viele Jahre später, wollte Wolfram Lochbrunner „dem alten Haus etwas zurückgeben“, wie er sagt. 

Die Sanierungsarbeiten dauerten fast vier Jahre, was zum einen der Pandemie geschuldet war, zum anderen, weil eine Altbausanierung wie eine Schachtel Pralinen ist: Man weiß nie, was man bekommt – und erlebt. So war der Dachstuhl stellenweise in einem so maroden Zustand, dass Teile davon ausgetauscht werden mussten. Die Giebelwände wurden mit Stahlschwertern statisch ertüchtigt und im Dachgeschoss durch eine zweite Wandschale sowohl statisch wie auch energetisch saniert. Am Ende gab es dann nochmals eine deprimierende Überraschung.

Blick in eines der hochmodernen Bäder

Da der Hunoldsgraben quasi parallel zu einer Hangkante verläuft, die die Obere Altstadt mit ihren großzügigen Straßen und großbürgerlichen Häusern von den engen Gassen und Wasserläufen der Unteren Altstadt trennt, war der Erdboden in den Jahrhunderten in Bewegung geraten und hatte sich langsam gesenkt. So trat zu Tage, dass der bestehende Fußboden in der Gaststätte im Erdgeschoss nur noch an den Seitenrändern auflag. Das eigentliche Auflager (das Erdreich) befand sich 60 cm tiefer. „Im Prinzip hatte ich noch Glück, dass diese instabile Konstruktion all die Jahre gehalten hat. Kaum auszumalen, was passiert wäre, wenn die Bodenplatte während des laufenden Geschäftsbetriebs nachgeben hätte“ so Wolfram Lochbrunner. Man kann sich vorstellen, was für ein Aufwand es ist, einen komplett neuen Bodenaufbau in einem nahezu fertigen Haus herzustellen. Natürlich hatte der Denkmalschutz ein Auge auf die Sanierungsmaßnahmen. Alle Arbeiten, die Farb und Materialauswahl wurden in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde getroffen. Die Zusammenarbeit sei sehr gut gewesen, auch während der Pandemiezeit, betont Wolfram Lochbrunner. Schon immer war das Handwerkerhaus dreistöckig gewesen, mit einer Werkstatt im Erdgeschoss, einer Wohnung im Obergeschoss und einem zweistöckigen Lager unter dem Dach. Ein Spezialist hatte übrigens festgestellt, dass das Holz des Dachstuhls aus dem 14. Jahrhundert stammte. Offenbar ist Nachhaltigkeit keine Erfindung der Neuzeit. 

Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurde die Fassade originalgetreu wiederhergestellt. Besonders markant sind der Erker und die perfekt restaurierte Eingangstür zum Restaurant Gustavo, das dort seit Mitte 2023 beheimatet ist. Die jahrhundertealte Tür ist auch als Zeichnung in der Mappe „Alt-Augsburger Haustüren und Haustore“ des Architekten C. Ellenberger (um 1900) enthalten und stellt einen weiteren Beweis für qualitativ hohes und damit nachhaltiges Handwerk dar. Wolfram Lochbrunner hat zwei „Lieblinge“: Da ist zum einen die seitlich im Geißgässchen befindliche Toranlage aus Eiche- Massivholz mit modernen Glaselementen (ein Zugeständnis der Denkmalbehörde).  Dieser „moderne Eingriff“ ermöglicht, dass nun jeder Vorbeigehende von außen das Herzstück des Hauses bestaunen kann, einen wunderbaren Innenhof, der seinerzeit, nach italienischem Prinzip angelegt, in heißen Sommern für Kühlung sorgen sollte.

(li. Seite) Neue Eingangstür aus Eiche und Glas (o.) Der lauschige Innenhof mit Blick auf den Laubengang

Genau in diesem Innenhof befindet sich der zweite Favorit: ein Laubengang, welcher im 17. Jahrhundert als offener überdachter Gang mit einem Balustraden-Geländer angelegt, in den nachfolgenden Jahrzehnten durch eine Holzfenster-Konstruktion verschlossen wurde. Die aufwendige Sanierung ist bis ins letzte Detail zu spüren. So wurden z. B. die Fenster mit echter Bleiverglasung maßstabsgetreu von einer österreichischen Fachfirma angefertigt. Alle sichtbaren Metall-Beschläge und Oliven sind von Hand erstellt. Technisch wurden die Fenster jedoch auf dem neuesten Stand als Isolierverglasung ausgeführt.

Spannend wird es dann nochmal im Innenbereich. Über schmale Treppen gelangt man in die drei Wohnungen in den oberen Stockwerken (ohne Aufzug!).  Die beiden im ersten Stock sind fast schon überraschend großzügig und hell. Jede Wohnung verfügt über eine vollausgestatte, maßgefertigte Schreinerküche. Auch hier wieder mit interessanten Details, wie Griffen der Firma Buster & Punch aus England. Die Bäder sind technisch und optisch wahre Schmuckstücke: bodenebene Duschen, Armaturen mit Rainshower, Waschtische aus Corean, hochwertige Feinsteinzeug-Fliesen und ein besonders atmungsaktiver und natürlicher Dekorputz. Bei den Schlaf- und Wohnräumen wurden nur ökologisch hochwertige Materialien verwendet, wie z. B. Silikatplatten zur Innendämmung, hochwertige Farben der Firma Little Green und ein Eiche-Echtholzparket, natürlich geölt.

Viel Tageslicht, perfekt vereint mit ausgefeiltem Kunstlichtsystem und Lichtinstallationen.

Besonders beeindruckend ist das ausgefeilte, Bluetooth gesteuerte LED-Lichtsystem auf Smart Home Niveau. Vorprogrammierte Lichtszenarien lassen sich auf Knopfdruck abrufen und tauchen die Räume in eine besondere Atmosphäre. Kein Wunder, denn Wolfram Lochbrunner ist hier Fachmann. Als studierter Innenarchitekt betreibt er in Augsburg einen Einrichtungsstore, spezialisiert auf exquisite Innenarchitektur und anspruchsvolle Lichtkonzeptionen. „Licht ist eines der wichtigsten Gestaltungsmittel in jedem Ambiente, wenn nicht das wichtigste überhaupt. Mit ihm steigt oder fällt die Stimmung“, weiß der Spezialist.

Während diese beiden Wohnungen in naher Zukunft als Ferienwohnungen, sog. Serviced Apartments für Wohnen auf Zeit, über eine Buchungsplattform vermietet werden sollen, zieht Wolfram Lochbrunner im 1. Quartal dieses Jahres in das oberste, als Maisonnettewohnung ausgebaute Stockwerk selbst ein.

Bei der Ausstattung dieser Etagen ist deshalb besonders viel Herzblut eingeflossen. Als gelernter Schreiner konnte Wolfram Lochbrunner an vielen Stellen eigenhändig tätig werden, was viele, viele Wochenenden gekostet hat. Ein zeitaufwendiges, aber spannendes Unterfangen. Und das Ergebnis spricht für sich. Damit konnte er schließlich auch seine Lebenspartnerin überzeugen, mit einzuziehen, heraus aus dem Haunstetter Haus in das Herz von Alt-Augsburg, das für die nächsten Jahre das neue gemeinsame Zuhause werden soll – so ist der Plan.

Der Bauherr und Besitzer Wolfram Lochbrunner

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