Schicht um Schicht gedruckt

Hausbau im 3D-Verfahren

Ist 3D-Druck eine neue Schlüsseltechnologie im Bausektor? Diese Frage stellen sich derzeit viele Forscher. Die Firma Rupp Gebäudedruck GmbH aus dem schwäbischen Pfaffenhofen, die zu den Pionieren des Hausbaus im 3D-Verfahren gehört, ist sich sicher, dass dieser Bauweise die Zukunft gehört.

Im Jahr 2021 wurde das erste 3D-gedruckte Einfamilienhaus in Deutschland fertiggestellt. Foto Mense Korte

Die Wände wachsen nicht Stein um Stein. Inmitten eines Gerüsts steht dagegen ein Roboter mit beweglichem Arm, an dem ein Druckkopf hängt. Dieser fährt wie von Geisterhand gesteuert unermüdlich hin und her und schichtet dabei endlose Betonwürste exakt aufeinander. Beim Betrachten der dadurch entstehenden Wände muss man unwillkürlich an einen Baumkuchen denken. Der Vorgang hat fast schon etwas Meditatives. Nach 131 Schichten ist die normale Deckenhöhe erreicht. Wo später Steckdosen und Leerrohre etc. platziert werden sollen, hat der Steuercomputer automatisch Aussparungen vorgesehen. Der Einsatz einer Schalung ist überflüssig. Die Hohlwände werden später mit Dämm-Material verfüllt. Um Fenster- und Türöffnungen macht der Roboter buchstäblich ebenfalls einen Bogen. Dementsprechend hat das entstandene Haus dort, wo sich normalerweise die Ecken befinden, natürliche Rundungen.

Der Druckkopf bei der Arbeit am Mehrfamilienhaus von Rupp Gebäudedruck in Wallenhausen | Foto Rupp

Sitzt wie gedruckt

Heute werden zwar die meisten Häuser am Computer entworfen und geplant. Bei solchen aus dem 3D-Drucker steuert der Computer sogar den Bau vor Ort. Gedruckt wird auf eine vorhandene Bodenplatte; dabei entstehen allerdings nur die Wände. Geschossdecken und das Dach müssen als eigene Bauteile eingebaut werden. Fenster und Türen setzt man nachträglich ein. Die Innenwände können verputzt werden oder man kann die Betonwürste sichtbar lassen, was dem Raum einen eigenen Charme verleiht. Dabei sind trotzdem sehr viele Baustile umsetzbar. Die Fassade kann wie bei anderen Bauformen auch außen verputzt und gestrichen oder sogar mit Holz verkleidet werden.

Im Jahr 2021 wurde das erste 3D-gedruckte Einfamilienhaus in Deutschland fertiggestellt. Foto Mense Korte

Herausforderung Material

Der 3D-Drucker verarbeitet eine Art Spezialbeton, der nicht zu flüssig und nicht zu fest sein darf, um die ideale Viskosität zu halten und nicht zu schnell zu trocknen. Sonst würden die Wände noch während des Bauvorgangs „wegfließen“ bzw. „wegbröseln“. An der Entwicklung des idealen Druckbetons tüfteln Forschung und Baubranche gemeinsam. Um die Festigkeit zusätzlich zu verstärken, forscht z. B. die Universität Augsburg daran, die Betonmischung für den 3D-Druck mit kurzen Carbonfasern zu verstärken, so dass sie den Beton gleichzeitig stabil und biegefest machen. „Der 3D-Druck ist für die Baubranche der Schritt von der Steinzeit zum modernen Betrieb“, meint z. B. Jürgen Huber, Studiendekan der Fakultät für Architektur und Bauwesen an der Hochschule Augsburg. Dadurch ließe sich das Bauen leichter automatisieren und digitalisieren, prognostizieren zahlreiche Forscherinnen und Forscher. Bauen werde so schneller, effizienter und nachhaltiger werden. Faustregel: 1 qm Hohlwand = 5 Minuten Druckzeit

Kostenfrage?

Was die Baukosten angeht, so lassen sich momentan bei dem relativ jungen Unterfangen noch kaum belastbare Vergleichszahlen finden. Nur so viel kann man sagen: Echte Schnäppchen sind 3D-Gebäude derzeit noch nicht. Das bayerische Bauministerium gibt an, dass Häuser im 3D-Druck aktuell noch deutlich teurer in der Herstellung seien als herkömmliche Bauweisen. Doch sobald die Technik ausgereift und etabliert, also die nötige Masse da sein wird, soll sie absolut wettbewerbsfähig, ja dank der Digitalisierung und Effizienz sogar im Vorteil sein. Hierüber sind sich die bestehenden Anbieter aus Deutschland einig. Die Firma Rupp Gebäudedruck GmbH aus Pfaffenhofen in der Nähe von Ulm hat in Weißenhorn-Wallenhausen kürzlich das weltweit erste Mehrfamilienhaus aus dem Drucker erstellt. Eine der fünf Wohnungen ist eine Musterwohnung, die besichtigt werden kann. Aufgrund seiner Erfahrungen schätzt Rupp-Geschäftsführer Yannick Maciejewski, dass in ein bis zwei Jahren die Baukosten günstiger sein könnten als der Ziegelbau. Doch ein Pluspunkt sei jetzt schon zu verzeichnen: Die höhere Baugeschwindigkeit. Der Druck eines Hauses mit zwei Etagen dauere inklusive Auf- und Abbau des Druckers insgesamt etwa 14 Tage. Bei einem herkömmlichen Bau sei die Errichtungszeit in der Regel deutlich höher. Die Brüder Rupp sind sich sicher, dass der 3D-Gebäudedruck die Branche revolutionieren werde, auch weil er der Kreativität von Architekten und Bauherren kaum mehr Grenzen setze. Neue Strukturen und Formen wie geschwungene Wände und runde Hausformen ließen sich problemlos entwickeln und realisieren.

Ist 3D-Druck ökologisch sinnvoll?

Das wichtigste Baumaterial ist Beton, mit all seinen Vorteilen wie dem guten Brand- und Schallschutz. Aber auch die Nachteile gehören dazu, insbesondere die mäßige CO2-Bilanz durch den Einsatz von Zement im Beton. Aber ohne Zement kommt man nicht aus. Der springende Punkt ist der Umgang damit. Der 3D-Betondruck hat den Vorteil, dass man das Material sehr genau applizieren kann und die Teile auch nur so stark gedruckt werden, wie man sie wirklich braucht. Geforscht wird derzeit daran, wie man den Mörtel optimieren kann, indem man den Zementgehalt ohne „negative Nebenwirkungen“ reduziert oder sogar ganz aus Recyclingmaterial druckt. Potentiell füllt der 3D-Druck den Raum zwischen Massiv- und Fertighausbau. In Zukunft könnte die Technik auch zu niedrigeren Baupreisen beitragen. Und mit entsprechendem Druckmaterial könnte die Bauweise auch ökologisch punkten. HEA

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